Page 52 - VBKI-Spiegel #253
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                 Ein zweites Referendum?
_______________________________ Text Sir Peter Torry
DER IM NOvEMBER vORGESTELLTE BRExIT-DEAL IST IN GROSSBRITANNIEN REGELRECHT zERFLEISCHT WORDEN. KRITIK ENTzüNDETE SICH vOR ALLEM
AN DEN SOGENANNTEN BACKSTOP-vEREINBARUNGEN, MIT DENEN GRENz- KONTROLLEN zWISCHEN DEM EU-MITGLIED IRLAND UND DEM zUM vEREINIGTEN KöNIGREICH GEHöRENDEN NORDIRLAND vERHINDERT WERDEN SOLLEN – OBWOHL DIESE vEREINBARUNGEN NUR FüR DEN UNWAHRSCHEINLICHEN FALL GREIFEN, DASS DIE WIRTSCHAFTSBEzIEHUNGEN zWISCHEN GROSSBRITANNIEN UND
DER EU NICHT RECHTzEITIG IN GEORDNETE BAHNEN GELENKT WERDEN KöNNEN.
Theresa Mays parlamentarische Verbündete in Nordirland, auf die sich ihre Regierungsmehrheit stützt, haben ihr Nein zum Deal bereits angekündigt. Dasselbe gilt für die
schottischen Nationalisten. Labour ist aus prinzipiellen Gründen dagegen genauso wie die konservativen Brexiters. Inzwischen liegt auch die Zahl der konservativen Parlamentsmitglieder, die einem möglichen Misstrauensvotum offen gegenüberstehen, nahe der notwendigen 48. Mays politisches Überleben ist alles andere als gesichert. Noch unsicherer ist, ob die Unterhaus-Ab- geordneten ihren Deal absegnen werden, wenn es im Dezember zum Schwur kommt.
Aber selbst, wenn das Unterhaus grünes Licht gibt: Der Brexit kennt nur Verlierer. Deutschland etwa muss innerhalb des Bin-
nenmarkts auf einen wichtigen Partner verzichten. Der britische Markt, immerhin einer der größten weltweit, bleibt das wichtigste Exportziel deutscher Unternehmen in Europa, global nur vom US-Markt übertroffen. Der bilaterale Handel zwischen Deutsch- land und Großbritannien beläuft sich aktuell auf ein Volumen von ca. 177 Milliarden Euro jährlich. Allein drohende Einfuhrzölle würden beträchtliche Zusatzkosten verursachen.
Aber mögliche Verwerfungen in den Handelsbeziehungen sind nur eine Seite, auch politisch wird die EU ohne Großbritannien ärmer. Deutschland muss sich in Brüssel von einem wichtigen Verbündeten verabschieden: Immer, wenn die grundsätzliche wirtschaftliche Ausrichtung der EU zur Sprache kam, haben beide in dasselbe liberale und marktwirtschaftliche Horn gestoßen.
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