Page 50 - VBKI-Spiegel #253
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                                 VBKI Spiegel # 253 I Titelthema: Erfolgreich oder beliebt?
 „Gläserne decken und abgeschottete Männerclubs habe ich persönlich nicht erlebt.“
Tanja Müller-Ziegler ist seit Oktober 2014 Privatkunden-Vorstand der Berliner Sparkasse. Nach dem Studium der Wirtschaftswissen- schaften startete sie ihre berufliche Laufbahn bei der VICTORIA Kapitalanlagegesellschaft, um anschließend bei der Berliner Volksbank weiter Karriere zu machen.
 Tanja Müller-Ziegler
Inwieweit war Ihr Geschlecht ein Faktor im Verlauf Ihrer bisheri- gen beruflichen Karriere?
In meiner Karriere wollte ich immer an meiner Leistung gemes- sen werden und so habe ich es bislang auch erlebt. Frauen in Führungskreisen haben nach meinem Empfinden aber einen be- sonderen Einfluss auf das Umfeld: Sie tragen zur Ausgewogen- heit bei. Sie können zum Beispiel den Stil von Besprechungen verändern, zusätzliche Themen auf die Tagesordnung bringen und für viele andere Frauen in einem Unternehmen positive Sig- nale setzen.
Was würde sich verändern, wenn wir insgesamt ein ausgegliche- nes Geschlechterverhältnis in den Führungsetagen hätten?
Ich tue mich schwer mit Pauschalisierungen. Fest steht: Deutsch- land setzt sich zu je 50 Prozent aus Frauen und Männern zusam- men, die Wirtschaft hingegen besteht zu 80 Prozent aus Män- nern. Da bleiben bestimmte Sichtweisen und auch eine gewisse Vielfalt auf der Strecke. Denn Frauen in Führungsetagen zeichnet mehr aus als allein das Geschlecht. Neben ihrer Fachkompetenz verfügen sie nach meiner Erfahrung über eine klare, direkte Spra- che und wägen die Folgen einer Managemententscheidung auf lange Sicht genau ab.
Wo sehen Sie die Hauptursache dafür, dass Frauen in den Chef- etagen immer noch stark unterrepräsentiert sind – und wie könnte man das ändern?
Gläserne Decken und abgeschottete Männerclubs habe ich per- sönlich nicht erlebt. Wer eine Führungsposition bekleiden will, muss dafür etwas tun – Männer genauso wie Frauen. Männern gelingt es meist nur besser, sich entsprechend darzustellen und sie werfen auch eher den Hut in den Ring. Das hat mal mit den Rahmenbedingungen zu tun – bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere ist zum Beispiel Luft nach oben –, mal mit Lebens- modellen und -zielen und manchmal auch mit falscher Beschei- denheit.
Welche drei Tipps geben Sie ambitionierten jungen Frauen am Beginn Ihrer Karriere mit auf den Weg?
Lernen Sie auch von Männern. Bewahren Sie sich Ihre Persön- lichkeit und das Frausein, aber bleiben Sie auch neugierig und offen für andere Denkweisen und Rituale in der Wirtschafts- welt. Und vor allem: Machen Sie deutlich, dass Sie sich über Leistung definieren und zeigen Sie, was Sie können. ■
Foto: Michael Jungblut






















































































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