Page 39 - VBKI-Spiegel #253
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                „Am 1.September 2018 gab es bei den 160 Deutschen Börsenunternehmen genau 56 Frauen und 641 Männer im Vorstand.“
Frauen – erfolgreich oder beliebt? Ist das überhaupt noch eine zeitgemäße Frage? Ist nicht schon viel erreicht? Lange vorbei die Zeiten, als ich als Sozialwissenschaftlerin direkt nach meinem Studium die erste Frau im Vertrieb eines internationalen Marken- artikelunternehmens war – mit 100 männlichen Kollegen.
Ja, es gibt viele Highlights, wie zum Beispiel Obi Felten, in Berlin geboren und heute an der Spitze des Google Thinktank Labor X, der Moonshot Factory, im Silicon Valley stehend. Aber: Am 1. September 2018 gab es bei den 160 Deutschen Börsenunternehmen genau 56 Frauen und 641 Männer im Vorstand. Es ist somit weiterhin ein großes Thema!
Monika Maria Lehmann
Leitung Change and Internal Communications CB.e Clausecker|Bingel AG
Worin liegen aktuelle Erfolgshebel für mehr Frauen in Führungspositionen? Dies ist ein Schwerpunkt unserer interdisziplinären Diskussion im VBKI-Ausschuss „Frauen in der Wirtschaft“. Leben wir – die heute erfolgreichen Frauen und Männer – eigentlich ein attraktives Rollenmodell für die Führungskräfte der Zukunft vor? Welche Chancen bietet die Digitale Transformation, oder, was hindert uns anscheinend noch immer an intensiverer Vernetzung? Wir denken gemeinsam „Out of the Box“!
Titelthema: Erfolgreich oder beliebt? I VBKI Spiegel # 253
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   Claudia Michalski
Geschäftsführende Gesellschafterin OMC OpenMind Management Consulting GmbH
„Ich wurde von einem Mann als
ein ,harter Hund in Frauenkleidern‘
bezeichnet – und habe mich grinsend für das Kompliment bedankt.“
Ich berate mit meinem Unternehmen Führungskräfte in der beruflichen Neuorientierung und spreche sehr viel
mit Geschäftsführern und Personalleitern von Unternehmen. Dabei begegnet mir häufig die Einstellung, Frauen seien
ausschließlich harmonieorientiert, wollten immer beliebt sein und könnten Konflikte nicht austragen. Dieses Bild wird übrigens nicht nur von Männern geprägt, sondern oft
genug auch von Frauen selbst.
Zuvor war ich selbst viele Jahre Geschäftsführerin großer Medienhäuser und hatte dort naturgemäß viele Konflikte auszutragen. Mir hing oft genug das Attribut „Karrierefrau“ an und es war selten positiv gemeint. So erlebe ich es auch heute bei meinen Klienten: Erfolgreiche Frauen müssen sich rechtfertigen, erfolgreiche Männer sind hoch angesehen. Offensichtlich gelten immer noch die alten Stereotype: Männer sind durch- setzungsstark und erfolgreich. Frauen kommunizieren gut, sind empathisch und ... nett.
Wenn Frauen dieser zugewiesenen Rolle nicht entsprechen, löst das immer noch Verwirrung aus, das erlebe ich selbst häufig genug. Ich führe erfolgreich mein eigenes Unternehmen, das macht mich nicht zwingend beliebt. Unlängst wurde ich von einem Mann als ein „harter Hund in Frauenkleidern“ bezeichnet – und habe mich grinsend für das Kompliment bedankt. Solange diese alten Rollenbilder in den Köpfen stecken, haben wir im Ausschuss „Frauen in der Wirtschaft“ noch sehr viel zu tun!
















































































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