Page 36 - VBKI-Spiegel #253
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                                 VBKI Spiegel # 253 I Titelthema: Erfolgreich oder beliebt?
  Medien eine nicht unwichtige Rolle in der Verstärkung der Ent- wicklungen in diesem Thema ein.
Bei den Frauen in der Branche sehen wir in diesem Konflikt zwei unterschiedliche Verhaltensmuster: Die besonders selbstbewuss- ten beschließen, ihre Spielregeln künftig selbst zu machen – und gründen (statistisch gesehen sogar mit höherem Erfolg als Män- ner). Sie sind damit im Grunde genommen aus dem Spiel für Top- Besetzungen in Unternehmen – meist genau zu dem Zeitpunkt, wo es möglich wäre. Die Quote im C-Level verbessert sich da- mit auch in Tech-Konstrukten kaum – wichtig hier: selbstgewählt durch die Frauen.
Die vielen talentierten Frauen, die weniger selbstbewusst auf sich aufmerksam machen oder auffallen, kämpfen mit mangelndem Zugehörigkeitsgefühl qua fehlender Diversity, geringem Selbst- bewusstsein und letztlich mit dem Eindruck, dass ihre Erfahrung und ihre Talente in dem Tech-dominierten Umfeld weniger ge- fragt sind (was nicht stimmt). Irgendwann bewerben sie sich um die Jobs mit Aufstiegschancen gar nicht mehr bzw. glauben sie selbst zu wenig an die eigenen Fähigkeiten und Relevanz. Im- mer wieder können wir diese Selbstzweifel beobachten, wenn wir exzellente Frauen auf Führungspositionen ansprechen.
Das Vakuum entsteht, wo die kritische Masse an selbstbewuss- ten Frauen mit Führungsambition fehlt.
Was tun?
1. Frau für Führungsmannschaft gesucht? Ansprechen: Wer kurz- fristig den Frauenanteil in seinem Team erhöhen will, sollte sich das auch zum erklärten Ziel machen und vielversprechende, starke Kandidatinnen aktiv ansprechen – und zwar auf Augen- höhe, mit Themenfokus und ohne Verweis auf „Frauenförder- projekte“, denn diese Frauen sind bereits auf Augenhöhe und möchten auch so behandelt werden. Erhöht man die Sichtbarkeit selbstbewusster, ergebnisorientierter Frauen im Unternehmen, setzt schnell der Vorbildeffekt ein.
2. Mit veralteten Führungsidealen aufräumen: In einer sich schnell wandelnden und komplexen Welt werden künftig Füh-
rungskräfte gefragt sein, die Eigenschaften wie Empathie, Au- thentizität und Neugier an den Tag legen, Verantwortung über- nehmen, und so die Stärken ihrer Mitarbeiter fördern anstatt Aufgaben zu mikromanagen. Jetzt ist also der ideale Zeitpunkt, um diese Leadership-Vorbilder (egal ob m, w, oder d) zu promo- ten, die ihre Stärke daraus ziehen, dass sie so sind wie sie sind und diese Stärke für Ergebnisse einsetzen, nicht für das eigene Ego. Hohes Ego und Verantwortungsübernahme für andere schlie- ßen sich in aller Regel aus. Egofreie Kulturen sind attraktive Kul- turen für Frauen und übrigens auch gesellschaftlich notwendig, da nur in ihnen Verantwortung übernommen wird.
3. Nachwuchsförderung: Seit den 80er Jahren wurden Compu- ter von ihren Herstellern vornehmlich für eine männliche Ziel- gruppe beworben und Technologie männlich konnotiert. Damit muss endgültig Schluss sein, wenn wir den selbstbewussten Um- gang mit Technologie bei Frauen stärken wollen. Wir brauchen für Frauen sinnvolle Berührungspunkte mit Technologie. Den Weg zeigen Studien über die ermittelt wurde, dass die Berufs- wahl bei Mädchen und Frauen überdurchschnittlich oft dadurch motiviert ist, dass sie gesellschaftliche oder sozial relevante Pro- bleme lösen möchten. Unternehmen, die durch ihre Kultur und Produkte zeigen, dass sich die Digitalisierung und Technologien hervorragend eignen um gesellschaftlich relevante Probleme zu lösen, schafft die nötige Verbindung und erhöht über entspre- chend starke Visionen und Kommunikation dramatisch die At- traktivität von Technologie für Frauen.
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Constanze Buchheim ist Unternehmerin der ersten Stunde
in Deutschlands Digitalwirtschaft und gilt als Vordenkerin in
Sachen „Future Leadership“. Seit über 10 Jahren baut sie di-
gitale Teams der New & Old Economy auf und um: zuerst als HR Managerin beim deutschen E-Commerce-Vorbild Spread- shirt, mittlerweile mit ihrer eigenen Unternehmensberatung i-potentials. Die Boston Consulting Group und das Manager Magazin zählten sie bereits 2015 zu den 50 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft.
 Über die Autorin:
              


















































































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