Page 90 - VBKI-Spiegel #253
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                VBKI Spiegel # 253 I Aus den Ausschüssen
 ausschuss Mobilität
Wir sind keine Ölsardinen
Ein Kommentar von udo Marin zur zukunft des Verkehrsnetzes in der Hauptstadtregion
Sie sind nicht alleine. Mit Ihnen är- gern sich täglich hunderttausende Menschen über verstopfte Einfall-
straßen nach Berlin oder wünschten sich, sie wären eine Ölsardine, um die überfüll- ten S-Bahnen oder Regionalexpresse bes- ser ertragen zu können.
Die Pendlerströme zwischen den Innen- bezirken Berlins und dem Speckgürtel wachsen mit einem Tempo, das auf den Verbindungen in die und aus der Stadt äu- ßerst selten möglich ist. Täglich strömen 180.000 Menschen aus Berlin heraus und 310.000 von Brandenburg in die Stadt hi- nein. Täglich.
Das ist heute schon zu viel für die über- lasteten Verkehrswege und wird morgen und übermorgen erst recht zu viel sein. Denn zwei Trends sind ungebrochen: Zum einen zieht es immer mehr Menschen nach Berlin, zum anderen drängt es immer mehr Menschen in die Randlagen – auch und gerade, weil sie sich die Innenstadt nicht mehr leisten können oder wollen.
Leider ist der Ausbau des länderübergrei- fenden Verkehrsnetzes über Jahre und Jahr- zehnte stiefmütterlich behandelt worden. Gründe für dieses Versäumnis gibt es zahl- reiche: die deutsche Teilung, die über Jahre hinweg leeren Berliner Kassen und – last but not least – die fehlende Einigkeit
Udo Marin
Foto: Michael Setzpfandt
blematisch ist der Titel des Papiers, ge- nauer, das Wörtchen „Plan“. Denn wer die Vorlaufzeiten für große Infrastruktur- projekte kennt – und der Ausbau des SPNV- und ÖPNV-Netzes ist ein solcher Kraftakt – weiß: Mit guten Absichten und smarten Plänen ist es heute nicht mehr getan. Die Zeit drängt, wir müssen nun schleunigst in die Tat umsetzen, was im Grunde schon vor zehn Jahren hätte in An- griff genommen werden müssen. Schal- ten wir die Ampel auf Grün!
Wenn wir den Verkehrsinfarkt in der Me- tropolregion verhindern wollen, muss 2019 zum Jahr der Entscheidungen werden. Das gilt vor allem für lang diskutierte (und zer- redete) Projekte zum Ausbau des Schie- nennetzes: Es ist dringend notwendig, die 1945 stillgelegten Stammbahnstrecke zwi- schen Potsdam, Kleinmachnow und Berlin zu reaktivieren. Auch der Dornröschen- schlaf der Heidekrautbahn, die das nord- östliche Berliner Umland – Schildow, Müh- lenbeck, Basdorf, Wandlitz – erschließt, sollte lieber heute als morgen enden. Eine entschlossene Hand haben auch die Pläne zum S-Bahn-Ausbau verdient.
Zukunftsfähiger Nahverkehr lebt aber nicht nur von funktionierender Infrastruktur. Mindestens ebenso wichtig ist seine effi- ziente Steuerung: Braucht es tatsächlich doppelte Strukturen oder wäre es – wenn
  zwischen beiden Ländern in den inzwi- schen 28 Jahren Nachwendezeit. Der po- litische Wille zum gemeinsamen Handeln fehlte, solange sich die Probleme noch ir- gendwie umschiffen und kleinreden lie- ßen. Diese Zeiten sind gottlob vorbei, im Frühjahr haben beide Länder die gemein- same Schienenverkehrsplanung mit dem Projekt i2030 in Angriff genommen – Ergeb- nis ist auch ein neuer Landesnahverkehrs- plan für Brandenburg, eng abgestimmt mit Berlin, der vor wenigen Wochen vor- gestellt wurde.
Mehr Züge, dichtere Taktung, Ausbau des Streckennetzes – vieles, was in diesem Plan steht, ist gut und richtig. Doch so begrüßenswert die Inhalte sind, so pro-



















































































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