Page 60 - VBKI-Spiegel #253
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                VBKI Spiegel # 253 I Zwischenruf
     IText Stephan Fink
derart „totalpessimistische“ Sichtweisen über die KI bleiben nicht unwidersprochen. Beispielsweise kritisiert der Informa- tiker und Kognitionswissenschaftler rodney Brooks in seinem Essay „The seven deadly sins of predicting the future of aI“, dass sich Hollywoodszenarien zwar sehr gut rhetorisch nut- zen lassen, nur mit der zukünftigen realität nichts gemein hätten. und der Facebook-Gründer Mark zuckerberg nannte apokalyptische Vorhersagen über die Entwicklung der KI – wenn auch möglicherweise aus nicht ganz altruistischen Mo- tiven – „ziemlich verantwortungslos“.
also doch: „digital first – Bedenken second?“
der richtige Weg in der anwendung künstlicher Intelligenz lässt sich nicht auf den Tenor knackiger Slogans zusammen- dampfen.
Fest steht: In vielen Bereichen, in denen die Technologie schon heute zum Einsatz kommt, erweist sie sich für unter- nehmen und Verbraucher als durchaus hilfreich. Beispielsweise in übersetzungsmaschinen, Spam-Filtern und Fahrassistenz- Systemen, in der Warenwirtschaft und der Logistik, der me- dizinischen diagnostik und in der Medikamentenentwicklung zur Identifizierung neuer Wirkstoffe. Bei der automatisierung und optimierung von unternehmerischen Entscheidungspro- zessen spielen KI-Systeme eine bedeutende rolle. Kurz: KI ist nicht mehr wegzudenken. daher ist es sinnvoll und geboten, den Wirtschaftsstandort deutschland und Europa bei der Entwicklung von zukunftstechnologien wie KI zu stärken.
n der diskussion um den Nutzen und die Potentiale der künstlichen Intelligenz (KI), das heißt – sehr vereinfacht gesprochen – der anwendungen, die durch digitale Metho- den auf Grundlage erheblicher datenmengen menschen-
ähnliche Intelligenzleitungen erbringen, sind die Stimmen pro- minenter Persönlichkeiten über mögliche Schreckensszena- rien nicht zu überhören. Tesla chef Elon Musk sieht in dem Wettbewerb um die künstliche Intelligenz auf nationaler Ebene den wahrscheinlichsten auslöser des dritten Weltkriegs. Nach auffassung des Philosophen Nick Bostrom führe die Künstliche Intelligenz entweder zu paradiesischen zuständen oder dem Ende der Menschheit.
die aussagen wecken intuitiv – sicherlich nicht ganz unbe- absichtigt – assoziationen mit literarischen dystopien à la Schöne neue Welt von aldous Huxley oder opulenten Block- bustern wie Matrix und Terminator. In zeiten, in denen die angst vor unkontrollierten Migrationsströmen, Identitätsver- lust und Terror, vor dem zerfall der Gesellschaft und der de- mokratie, der Erschütterung des diskurses und der Wahrheit alle gesellschaftlichen Schichten erreicht zu haben scheint, ist der gedankliche Schritt zum völligen Kontrollverlust und dem Ende des Humanen kleiner geworden. da verwundert es nicht, dass auch in der debatte um digitalisierung und KI eine – wie der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen jüngst in der Wochenzeitung dIE zEIT kritisch analysierte – „apoka- lyptische Eskalationsrhetorik“ Einzug gehalten hat.
zwischenruf:
Künstliche Intelligenz – Ethik als Qualitätsmerkmal
























































































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