Page 20 - VBKI-Spiegel #253
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                VBKI Spiegel # 253 I Nachgefragt
 „Ich habe das in meiner zeit im Silicon Valley aus nächster Nähe erlebt, da gab es Gewinner, aber auch viele Verlierer. das wollen wir anders machen.“
Noch befinden wir uns mit unseren Pla- nungen zum neuen Campus in Berlin in ei- ner sehr frühen Phase. Insgesamt streben wir mit der Gesamtumsetzung des Pro- jekts einen Zeithorizont bis etwa 2030 an.
Warum glauben Sie, diese Ziele am ehes- ten in Berlin erreichen zu können?
Berlin ist mittlerweile eine der führenden Start-up-Städte Europas. Diese positive Entwicklung bietet Chancen für Siemens. Wir haben gerade erst unsere neue Un- ternehmensstrategie Vision 2020+ vorge- stellt. Eine Wachstumsstrategie, mit der wir unsere Position als ein weltweit füh- rendes Technologieunternehmen weiter ausbauen wollen. Das geplante neue Pro- jekt in Berlin ist eng an diese Zukunfts- strategie geknüpft und wird der neuen Ausrichtung gerecht.
Die Digitalisierung spielt dabei eine ganz wichtige Rolle. Schon heute sind wir unan- gefochtener Marktführer in der industriel- len Digitalisierung. Aber wir dürfen uns da- rauf nicht ausruhen, sondern müssen uns immer weiterentwickeln. Berlin ist dabei ein wichtiger Teil der Siemens-DNA mit zahlreichen Kooperationen und bis heute unser größter Fertigungsstandort weltweit.
Neben klugen Köpfen sind der Zugang zu Daten und das Experimentieren mit Pro- totypen im realistischen Umfeld wichtige Voraussetzungen, um digital getriebene In- novationen zu generieren. Nur: Sowohl das Daten- als auch das Experimentierthema sind in Deutschland stärker reglementiert als anderswo – etwa im Vergleich zu den beiden Digitalisierungschampions USA und China. Wie wollen Sie diesen Wettbewerbs- nachteil ausgleichen?
Forschung und Entwicklung (F&E) sind für Siemens zentrale Säulen der Unterneh- mensstrategie. Im Geschäftsjahr 2018 ha- ben wir rund 5,6 Milliarden Euro in diesen Bereich investiert. Und ganz eindeutig zählt Deutschland mit seiner Hochschul- landschaft, der hohen Qualität der Aus- bildung und seinen Fachkräften zu den Top-Forschungsstandorten weltweit. Aber auch hier, wie in allen anderen Bereichen, sind wir international engagiert. Die rund 43.400 F&E-Beschäftigten in unserem Un- ternehmen teilen sich derzeit auf 44 Län- der auf. Davon etwa 14.100 in Deutsch- land, 6.800 in den USA, 2.800 in China und 8.300 in Indien.
Sie waren lange Jahre im Silicon Valley un- terwegs: Inwieweit ist der Siemens-Campus
vom Valley inspiriert – und an welchen Punkten wollen Sie sich unterscheiden?
Wir sprechen von einem offenen Ökosys- tem und hier fängt bereits der Unterschied zum Valley an. Wir wollen Forschungs- einrichtungen und Start-ups gleicherma- ßen anziehen, es wird Einzelhandel geben und Hotels. Auch Wohnungen werden wir bauen, mindestens ein Drittel davon als öffentlich geförderter Wohnraum für Studenten und Familien. Es soll in Berlin anders laufen als im Silicon Valley, wo viele verdrängt wurden. Ich persönlich habe das in meiner Zeit im Silicon Valley aus nächster Nähe erlebt, da gab es Gewinner aber auch viele Verlierer. Das wollen wir anders machen und die Bürger mitneh- men – schon in der nun beginnenden Pla- nungsphase wollen wir möglichst viele einbinden. Das fängt schon beim Namen an, den wir gemeinsam noch suchen wol- len.
Nun ist es ja so, dass große Infrastruktur- projekte in Deutschland zunehmend auf Vorbehalte treffen. Google hat sich ja gerade von seinen Kreuzberger Plänen verabschiedet, auch und gerade, weil es massiven Gegenwind gab. Wie wollen Sie Akzeptanz und Vertrauen schaffen?























































































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