Sand im Getriebe - Foreign Policy Lunch zum Thema Logistik

Weltumspannende Lieferketten: Was tun, wenn der Motor stottert?

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Foto: Businessfotografie Haar

Von der Computerbranche bis zur Bauwirtschaft – alle singen das gleiche Lied: Es fehlt an Material und der grassierende Mangel beispielsweise an Computerchips oder Baustoffen jeglicher Art hat die Schwachstellen unserer globalen Just-in-Time-Lieferketten offengelegt. Wie kann es sein, dass Lieferketten – die Transmissionsriemen der Weltwirtschaft – derart anfällig sind?

Bei einem Foreign Policy Lunch haben wir diese Frage zum Thema gemacht. Laut Maria Leenen, Geschäftsführende Gesellschafterin der SCI Verkehr, ist der Schwarze Peter nicht allein der Pandemie zuzuschieben. Corona habe bestehenden Probleme in der Logistikbranche weniger ausgelöst, sondern vielmehr verstärkt. Zu lange sei Kosteneffizienz der einzig maßgebliche Faktor gewesen.
 
Christian Kuhn, freier Berater im Schienengüterverkehr und Logistik, hält auch die seit geraumer Zeit anhaltende Konsolidierung im Logistikgeschäft für einen der Hauptverdächtigen bei der Ursachenforschung. Allein die Top 5 Container-Reedereien haben einen weltweiten Marktanteil von über 65 Prozent. Ein Oligopol dieser Art wäre in Deutschland illegal, auf globaler Ebene fehlt aber die Wettbewerbsaufsicht. Während Marian Leenen dafür plädiert, systematisch umzusteuern, bezweifelt Christian Kuhn, dass nach der Pandemie wirklich ein Umdenken einsetzt. Alles werde sich weiterhin um die Kosten drehen.
 
Und wenn man – wie vor allem zu Beginn der Pandemie diskutiert – das Rad der Zeit einfach zurückdreht? Eine Stärkung der heimischen Produktion zugunsten von kürzeren – und robusteren – Lieferketten dürfte nach Ansicht beider Gesprächspartner ein schwieriges Unterfangen sein. Die Zulieferindustrie säße nun mal in China. Der Westen müsse aber auf faire Spielregeln pochen. Es könne nicht sein, dass im Westen Laissez-faire herrsche, während westliche Unternehmen in China Restriktionen erführen.
 
Investitionen in die Logistik dürften in Zukunft auch und vor allem unter klimapolitischen Vorzeichen stehen. Vor allem im Güterbahnverkehr sehen Leenen und Kuhn großen Nachholbedarf. Laut Frau Leenen fehlen in Deutschland Ausweich- und Überholgleise, um die Bahn leistungsstärker und damit konkurrenzfähiger zu machen. Eine Stärkung der Schiene müsse an den neuralgischen Punkten ansetzen, Investitionen nach dem Gießkannenprinzip würden dagegen wenig weiterhelfen. Kuhn forderte den Staat auf, seine Steuerunmöglichkeiten im Sinne des Klimaschutzes zu nutzen: Würde etwa das Dieselprivileg fallen, das Investitionsverhältnis Straße zu Schiene geändert oder die CO2 Steuer erhöht, würde automatisch mehr Güterverkehr über die Schiene abgewickelt als jetzt.
 
In Zukunft erwarten Leenen und Kuhn einen verstärkten Trend zu Automatisierung und Shared Economy. Vor allem die Schiene biete viel Potential für automatisierte Anwendungen. Bei der Sharing Economy seien vor allem der LKW-Verkehr und die Container-Schifffahrt deutlich weiter. Leerfahrten hätten heute Seltenheitswert – und anders als auf der Schiene gäbe es eine starke internationale Zusammenarbeit.
 
Hier können Sie sich den Foreign Policy Lunch nochmals in voller Länge ansehen: