Positive Überraschung Katja Kipping

100 Tage Giffey-Senat – eine Bilanz aus der Perspektive von Berliner Chefredakteuren

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Foto: Businessfotografie Inga Haar

Der neue Berliner Senat ist seit etwa 100 Tagen im Amt – Henner Bunde und Thomas Letz, Vorsitzende des VBKI-Ausschusses für Wirtschaftspolitik, zogen mit Berlins Chefredakteuren eine erste Bilanz. Auf dem hybriden Panel diskutierten Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels, Tobias Miller, Redaktionsleiter der Berliner Zeitung, und Christine Richter, Chefredakteurin der Berliner Morgenpost.

Die weiter grassierende Pandemie, die Flüchtlingskrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine – der Giffey-Senat war von Anfang an im Krisenmodus. Insofern war es ein schwieriger Start für die neue Berliner Regierung, zumal - wie Tobias Miller konstatierte – die Regierungsmannschaft bis auf den Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Andreas Geisel aus Politikerinnen und Politikern besteht, die neu im Amt sind.
 
Bei der Bewertung der Performance der einzelnen Senatorinnen und Senatoren gab es überraschende Einigkeit, aber auch große Unterschiede in der Bewertung: Alle waren sich einig, dass die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Katja Kipping, eine besonders positive Überraschung sei. Sie wurde als politisches Schwergewicht und Gegengewicht zur omnipräsenten Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey beschrieben, die den Wechsel von Bundes- auf Landespolitik gut meistere, einen guten Ton treffe und die Flüchtlingskrise professionell bewältige. Bei Franziska Giffey gingen die Meinungen aber auseinander. Während Christine Richter Franziska Giffey ein gutes Arbeitszeugnis ausstellte, vor allem, da sie wichtige Themen zur Chefinnensache mache und Führung ausstrahle, kritisierte Lorenz Marold ihre Omnipräsenz und mangelnde Priorisierung von Aufgaben. Schlechte Noten bekamen auch die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Astrid-Sabine Busse und die Senatorin für Inneres, Digitalisierung und Sport Iris Spranger.
 
Lobende Worte fanden alle drei für das Krisenmanagement des Senats. Im Gegensatz zum zögernden Agieren des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Michael Müllers sei Franziska Giffeys und Katja Kippings Zusammenarbeit vorbildhaft, bewertete Lorenz Maroldt. Auch Christine Richter bemerkte, der Senat habe aus der Flüchtlingswelle 2015/16 gelernt. Sie kritisierte aber den Ruf nach der Bundeswehr. Diese habe in der gegenwärtigen Krise in der Ukraine andere Aufgaben.
 
Im Angesicht der Kombination aus Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zeigte sich Tobias Miller besorgt, dass der Klimawandel als eigentlich wichtigste Herausforderung für Berlin hinter den anderen Krisen herunterfallen könnte. Die Bürgermeisterin und Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Bettina Jarasch könne diese Megaaufgabe nicht alleine bewältigen. Auch Christine Richter zeigte sich vorsichtig pessimistisch bezüglich der Bewältigung der großen Aufgaben, die vor dem Senat stünden. Dafür würden die meisten Politikerinnen und Politiker zu sehr in Legislaturperioden denken. Ihrer Ansicht nach würde Wohnen und Bauen und die daraus resultierende soziale Frage zur großen Herausforderung des Senats werden. Die bisherigen Gesetzgebungen in diesem Bereich stimmten sie negativ.
 
Insgesamt gaben die drei Gäste dem Senat im Schnitt die Schulnote drei für die inhaltliche und Teamperformance.