Wie lässt sich der Verkehrsfluss in der Hauptstadt optimieren? Was muss getan werden, um die Berliner Straßeninfrastruktur dauerhaft zu erhalten? Diese beiden Fragen standen im Mittelpunkt eines hochkarätig besetzten Fachsymposiums, zu dem fünf Wirtschaftsverbände in den VBKI geladen hatten.
Den Anfang machte der Verkehrsexperte Jürgen Krimmling. In seinem Impulsvortrag gab der Professor für Verkehrsleitsysteme und Prozessautomatisierung an der TU Dresden Handlungsempfehlungen für eine Optimierung des Verkehrssystems – zum Beispiel mit Hilfe verkehrsabhängiger Leitsysteme oder einer übergeordneten Netzsteuerung.
Der anschließende Redner, Verkehrssenator Müller, versprach, die Anregungen des Experten aufzunehmen. Gleichzeitig verwies er aber auf die Lage der Verkehrsverwaltung, die mit Personalabbau und begrenzten Mitteln umgehen müsse. „Wir müssen weitere 10 Prozent des Personalbestands in der Verkehrsverwaltung abbauen“, so Müller. Nach Auskunft des Verkehrssenators wird sein Haus künftig keine Anfragen aus der Bezirksverordnetenversammlung mehr beantworten. So sollen die Mitarbeiter Arbeitszeit gewinnen, um sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren zu können. Überdies kündigte er ein Online-Bearbeitungssystem für Bauanträge an – es soll spätestens 2014 kommen.
Gräff: „Kleinteilige Diskussionen des Finanzsenators“
Christian Gräff, Bezirksstadtrat Wirtschaft und Stadtentwicklung von Marzahn-Hellersdorf, machte in seinen Ausführungen auf den dramatischen Substanzverfall in der Infrastruktur durch stetig steigenden Investitionsrückstau aufmerksam. Viele Verkehrswege in seinem Bezirk seien noch unbefestigte Sandpisten, ein Zustand, der einer Hauptstadt alles andere als würdig sei. Auch ein brauchbares flächendeckendes Regenwasserkonzept sei in den Randgebieten nicht in Sicht. Probleme wie diese wirkungsvoll anzugehen, werde auch durch „kleinteilige Diskussionen des Finanzsenators“ erschwert, so Gräff.
An der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Reinhold Dellmann, Hauptgeschäftsführer Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., nahm neben den Vortragenden auch Frau Dr. Nikutta teil. Die Vorstandsvorsitzende und Vorstand Betrieb BVG wies darauf hin, dass der ÖPNV zwar einerseits Verursacher von Baustellen sei, gleichzeitig aber auch Hauptbetroffener. „Die BVG ist Leidtragende der aktuellen Verkehrssituation“, so Frau Dr. Nikutta. Unter den aktuellen Umständen sei es besonders schwer, die Pünktlichkeit der Busse und Straßenbahnen zu gewährleisten. Auf der anderen Seite gab die BVG-Chefin zu zu bedenken: „Wir jammern auf hohem Niveau. Es gibt keine andere Stadt, die so vieles gleichzeitig machen will wie wir.“
Müller: Bereitschaft zu Fachgesprächen
In der Gesprächsrunde konnte Konsens darüber erzielt werden, dass die Ressourcensituation in der Verkehrslenkung Berlin (VLB) der neuralgische Punkt bei allen Versuchen sein wird, das Gesamtsystem zu optimieren. Verkehrsverwaltung und die veranstaltenden fünf Verbände erklärten ihre Bereitschaft, im Rahmen von gemeinsamen Fachgesprächen nach Lösungen zu suchen.
Anlass für die Tagung war die Analyse der Wirtschaftsvertreter, nach der die Zahl von Verkehrsbehinderungen wächst und zu immer längeren Fahrzeiten führt. In der Folge leiden Umwelt, Personen- und Wirtschaftsverkehr gleichermaßen: Laut Berechnungen des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) belastet erhöhter Kraftstoffverbrauch infolge mangelhafter Verkehrsplanung Berliner Autofahrer mit rund 160 Millionen Euro jährlich. Auch Umwelt und Klima leiden: Vermeidbare Behinderungen verursachen einen Mehrausstoß an klimaschädlichem CO2 von rund 250.000 Tonnen im Jahr.
Um die sich zuspitzende Gesamtsituation auf den Berliner Straßen nachhaltig zu verbessern, müssen nach Ansicht der Verbände 14 Schritte kurzfristig in die Tat umgesetzt werden. Diese Maßnahmen betreffen die Verkehrsregelung, die Verkehrsorganisation und die Verkehrsverwaltung.
Das Fachsymposium war eine gemeinsame Veranstaltung von Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg, Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, Fuhrgewerbe-Innung Berlin und Brandenburg, Gemeinschaft zur Fortbildung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure (VSVI) in Berlin-Brandenburg sowie Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI).
Bilder der Veranstaltung finden Sie hier.
Die Positionen der fünf Verbände stehen hier zum Download bereit: