„Wer sich nicht transformiert, fährt gegen die Wand“

Nestlé-Deutschlandchefin beim VBKI

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Foto: Businessfotografie Inga Haar

Gerade erst wurde sie als „Unternehmerpersönlichkeit des Jahres“ ausgezeichnet, nun war sie Impulsgeberin beim „Q&A-Format“ des VBKI: Nestlé-Deutschlandchefin Béatrice Guillaume-Grabisch.

Die Vorstandsvorsitzende von Nestlé Deutschland stellte sich den Fragen von Moderatorin Dr. Sigrid Nikutta, BVG-Chefin und Vize-Präsidentin des VBKI, und natürlich denen der 30 Teilnehmerinnen, die im Hotel i31 zum Q&A-Lunch zusammen gekommen waren.
 
Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé, das räumt Guillaume-Grabisch eingangs ein, steht einerseits oft in der öffentlichen und medialen Kritik, anderseits stehen bei etwa jedem Zehnten Deutschen Nestlé-Produkte wie Nespresso oder Maggi im Küchenschrank. Weltweit werden täglich eine Milliarde Produkte weltweit verkauft. Darauf kann sich das 150-jährige Firmenimperium aber nicht ausruhen, es muss vielmehr mit diversen „Game Changern“, Veränderungsfaktoren, zurechtkommen, u.a. dem zunehmenden Druck auf die Lebensmittelbranche bis hin zum „Bashing“, Mediendebatte um Ernährung und der Status von Lebensmittel vergleichbar mit einer „neuen Religion“, neue Vorgaben und Preisdruck durch die Discounter, unterschiedlichen Produktpräferenzen und Markenbindungen früher und heute (Stichwort Gastarbeiter und Wieder Vereinigung oder auch die aktuellen Flüchtlingsströme in Deutschland und europaweit). Bei all den genannten Herausforderungen sei das Führen der Mitarbeiter eine große Herausforderung – insbesondere bei einem Traditionsunternehmen wie Nestlé. Nur durch ein aktives Feedback der Mitarbeiter und eine veränderte Kultur innerhalb des Unternehmens lassen sich Fehler korrigieren, davon ist Béatrice Guillaume-Grabisch überzeugt. Für sie liegt die Lösung in einer Matrix-Organisation als einzige Möglichkeit zur internen Vernetzung.
 
Und schließlich steht auch Nestlé vor der „digital challenge“ - alle Bereiche des Unternehmens sind von der digitalen Transformation betroffen. Um hier am Ball zu bleiben, haben sich Projektteams gebildet, die sich „wie Startups im Unternehmen“ mit der Umsetzung unterschiedlicher Ideen in 100 Tagen auseinandersetzen. Guillaume-Grabisch betont, wie wichtig es ist, diesen Weg des Wandels zu gehen: „Wer sich nicht transformiert, fährt gegen die Wand!“ Als Negativ-Beispiel nennt sie die Drogerie-Kette Schlecker, die es nicht geschafft hat, mit den veränderten Bedingungen und Verbraucherwünschen auch im Online-Bereich zu gehen.
 
Trotzdem gab es auch bei Nestlé in letzter Zeit einen erheblichen Stellenabbau bis hin zu Werksschließungen auch in Deutschland. Die Herausforderungen an den Konzern, der einen Jahresumsatz von ca. 90 Milliarden Euro verzeichnet und über 300.000 Mitarbeiter weltweit verantwortet, sind groß. Und Béatrice Guillaume-Grabisch ist sich, das merkt man ihr an, dieser Verantwortung durchaus bewusst. „Leadership in unruhigen, bewegten Zeiten“, so lautet passenderweise auch der Titel ihres empathischen und offenen Impulses in diesem Kreis. Besonders wichtig, das betont sie, seien ihr der respektvolle und verantwortungsbewusste Umgang mit den Mitarbeitern, den Kunden und der Umwelt. Dieses Anliegen auch überzeugend nach außen zu vertreten, werde zunehmend wichtiger. Zumal Nestlé regelmäßig in der öffentlichen Kritik steht: Sei es der Einsatz von Palmöl in Schokoriegeln mit seinen weltweit gravierenden (klimatischen) Auswirkungen durch die Rodung von Regenwäldern, die Verwendung von Plastikverpackungen oder der Vorwurf, Wasserquellen in ohnehin von Trockenheit betroffenen Ländern zu privatisieren und auszubeuten. Das Unternehmen hält dagegen und präsentiert auf seinen Internetauftritten nestle.de und nestle.com vor allem die CSR-Maßnahmen. Stakeholder wie Greenpeace oder andere Organisationen werden in Unternehmensentscheidungen eingebunden, es gibt inzwischen einen Beraterstab, der sich aus eben diesen Gruppen zusammensetze und auch eine Kontrollfunktion innehabe. Transparenz spiele hier eine große Rolle, insbesondere in der Interaktion und Kommunikation mit den jeweiligen Stakeholdern.
 
Guillaume-Grabisch erzählt auf empathische Weise von diesen Herausforderungen und den tagtäglichen Anforderungen, denen sie sich selbst in ihrer Position stellen muss. Ihr Anspruch, die Reputation einer Firma als höchstes Gut zu wahren, prägt ihr unternehmerisches Denken und Handeln. Ohne Reputation und Vertrauen lassen sich ihrer Meinung nach keine nachhaltigen Erfolge erzielen. Man nimmt ihr ab, dass sie ihren Mitarbeitern Orientierung geben will. „Dazu braucht es die richtige Balance aus Kommunikation, Motivation, Inspiration und Antizipation.“
 
Bei der Frage nach dem Wandel des Frauenbildes und weiblichen Führungskräften gerade in einem Traditionsunternehmen wie Nestlé unterstreicht sie, dass die Kompetenzen und Leistungen jedes Mitarbeiters für sie zählen, nicht die Geschlechterzugehörigkeit. Deshalb findet sie es sinnvoll, Gehälter transparent zu machen – und die Kommunikation untereinander zu stärken. Ab Januar übernimmt sie als Executive Vice President Nestlé die Position des Global Head Human Resources & Business Services. Wir wünschen ihr schon jetzt viel Erfolg!
 
Zum Veranstaltungsformat: Mit „Q&A: 10 Fragen an…“ will der VBKI eine neue persönliche Netzwerkplattform für Managerinnen aus allen Branchen schaffen. Bisher waren außerdem zu Gast: Martina Koederitz (Vorsitzende der Geschäftsführung IBM Deutschland), Margret Suckale (Mitglied im Aufsichtsrat der Telekom und ehem. Arbeitsdirektorin BASF) und Tina Kulow (Director Corporate Communications Facebook Deutschland).